Sprachtherapie

Die Sprachtherapie im SPZ befasst sich mit Diagnostik und Therapie von kindlichen Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen.

Wir helfen Kindern mit:

  • Früher Spracherwerbsstörung
  • expressiver und rezeptiver Sprachentwicklungsstörung (Aussprachestörung, Wortschatzeinschränkung, Wortfindungsprobleme, Dysgrammatismus, Sprachverständnisstörung)
  • Sprachentwicklungsstörung bei Hörstörungen
  • Sprachentwicklungsstörung bei mentalen Entwicklungsstörungen
  • Auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung
  • Verbaler Entwicklungsdyspraxie
  • Stottern, Poltern
  • Dysarthrie, Kindlicher Aphasie
  • Orofacialer Dysfunktion
  • Rhinophonie (Näseln) funktioneller oder organischer Art (z. B. Gaumenspalte, Lippen- Kiefer- Gaumenspalte)

Methoden
1. Diagnostik

  • Diagnostik erfolgt unter Einsatz der gängigen standardisierten Testverfahren bei Hör-, Sprach- Stimm- und Schlucktherapien.

2. Therapie

  • Je nach Alter und Problematik werden spezifische Therapieansätze ausgewählt.

3. Beratung

  • Ein Schwerpunkt der logopädischen Betreuung im SPZ liegt im Bereich Elternberatung. Diese kann als Bestandteil der Therapie oder auch als Elterntraining angeboten werden.

Folgende Therapieansätze und Behandlungskonzepte kommen zum Einsatz

Kurz und Knapp

Orofaziale Regulationstherapie nach Castillo Morales

Stellungnahme der Gesellschaft für Neuropädiatrie, Kurzfassung
Kommission zu Behandlungsverfahren bei Entwicklungsstörungen und zerebralen Bewegungsstörungen
D. Karch, G. Groß-Selbeck, J. Pietz, H-G. Schlack

Konzeptionelle Voraussetzungen

Die orofaziale Regulationstherapie wurde von Castillo Morales aus der persönlichen Erfahrung, den damals bestehenden Vorstellungen zur Entwicklungsneurologie und den Kontakten mit anderen wie B. und K. Bobath, V. Vojta u.a. als eigenes Behandlungskonzept entwickelt. Ziel der Behandlung soll es sein, ein harmonisches Zusammenspiel und ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Komponenten des orofazialen Komplexes untereinander und mit den übrigen Organsystemen des Körpers zu erreichen (Castillo Morales 1991). Wesentlich für das Konzept der orofazialen Regulation ist die Annahme, daß das orofaziale System eng verbunden sei mit dem gesamten Körper vom Schädel ausgehend über die Wirbelsäule bis zu den Füßen. Eine Veränderung der Beckenhaltung z.B. wirke sich ebenso auf die Mundmotorik aus wie umgekehrt eine Veränderung im orofazialen Bereich auf die Schultermuskulatur. Die physiologischen Abläufe beim Saugen, Kauen und Schlucken werden nach Castillo Morales beeinflußt von einem multisensorischen Integrationsprozess, in dem das vestibuläre, propriozeptive und taktile System besonders wichtig sind und von exakt abgestimmten funktionellen Abläufen gekennzeichnet seien. Ein ausführliche Darstellung findet sich an anderer Stelle (Karch et al. 2003).

Internetquelle: www.neuropaediatrie.com/aerzte/Stellungsnahme.orofaciale_regulationstherapie_n.htm

Nicht die Erreichung einer bestimmten Entwicklungsstufe ist als Vorraussetzung anzusehen, sondern allein die Tatsache, dass ein Mensch lebt, kann den Einsatz von therapeutischen Maßnahmen von unterstützter Kommunikation rechtfertigen.

In den letzten Jahren hat sich im deutschen Sprachraum die „Unterstützte Kommunikation“ als Ansatz zur Förderung der Kommunikation für nicht und wenig sprechende Kinder entwickelt. Der folgende Aufsatz gibt einen Überblick über diesen Bereich und macht insbesondere deutlich, dass es sich bei diesem Ansatz nicht um ein starres Repertoire festgelegter Methoden handelt, sondern um ein flexibles Konzept, das alle zur Verfügung stehenden Äußerungs- und Mitteilungsmöglichkeiten des behinderten Menschen einbezieht.

Begriffserklärung
Unter dem seit 1992 etablierten Oberbegriff „Unterstützte Kommunikation“ werden „alle pädagogischen bzw. therapeutischen Maßnahmen, die eine Erweiterung der kommunikativen Möglichkeiten bei Menschen ohne Lautsprache bezwecken“ (Kristen 1994) subsumiert. Hieran wird schon deutlich, wie weitreichend und heterogen die Zielgruppe ist.

Zielgruppe
Zielgruppe sind alle Kinder, Jugendlichen, Erwachsenen, die zwar ein ihrem Entwicklungsstand gemäßes Sprachverständnis besitzen, aber aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Behinderung so stark eingeschränkt sind, dass sie vorübergehend oder dauerhaft:

  • kaum,
  • gar nicht,
  • nur einem vertrauten Personenkreis gegenüber oder
  • nur unter günstigen Umständen

lautsprachlich kommunizieren können (Kristen, unveröffentlichte Seminarblätter). Zudem erschweren motorische Beeinträchtigungen bei vielen Betroffenen die nonverbalen Kommunikationsmöglichkeiten, so dass sie sich zusammenfassend also „mit den ihnen zur Verfügung stehenden Kommunikationsmöglichkeiten nicht zufriedenstellend ausdrücken können“ (Kristen 1994). Da in diese Zielgruppe auch oft Menschen mit Behinderungsformen wie z.B. Cerebralparesen oder geistige Behinderung fallen, sind Maßnahmen der Unterstützten Kommunikation auch in der Frühförderung, bzw. in der schulischen Förderung unerlässlich. Dabei können nach Kristen (1994) Maßnahmen der Unterstützten Kommunikation:

  • als ständige Hilfe nötig sein, z.B. bei Dysarthrie,
  • als vorübergehende Hilfe z.B. bei Schädel-Hirn-Trauma oder
  • als Hilfe zum Spracherwerb eingesetzt werden.

Grundlegende Positionen Unterstützter Kommunikation
In der Umsetzung des Konzepts der Unterstützten Kommunikation ist in den letzten Jahren eine Veränderung in der Beurteilung der Voraussetzungen auf Seiten der nichtsprechenden Personen in der Weise feststellbar, dass nicht mehr die Erreichung einer bestimmten Entwicklungsstufe (Objektpermanenz, Ursache-Wirkungswissen, Symbolverständnis als Voraussetzung angesehen wird, „sondern alleine die Tatsache, dass ein Mensch atmet, kann den Einsatz von therapeutischen Maßnahmen von Unterstützter Kommunikation rechtfertigen“ (Kristen 1994).

Ein Anliegen ist es, durch das Konzept der Unterstützten Kommunikation „nichtsprechenden Menschen und ihren Bezugspersonen so früh wie möglich zu erfolgreichen Kommunikationssituationen zu verhelfen. Dabei wird die Lautsprache keineswegs ausgeklammert, jedoch bei Bedarf durch Kommunikationshilfen, -techniken und Strategien ergänzt“ (Kristen 1995). Gerade diese Ergänzungen sind wichtig, da trotz intensiver Sprachtherapie bei vielen nichtsprechenden Menschen oftmals nur sehr geringe Verbesserungen der Lautsprache, und damit eine Verbesserung der kommunikativen Kompetenz, erreicht wurden.

Im Mittelpunkt der Unterstützten Kommunikation steht also die Förderung der kommunikativen Fähigkeiten. Dabei vertritt die Unterstützte Kommunikation den Ansatz der totalen Kommunikation, d.h. „sämtliche Möglichkeiten, einem Menschen ein umfassendes Kommunikationssystem bereitzustellen, sollen ausgeschöpft werden“ (Braun 1994). Ein maßgebliches Kriterium für die Entwicklung eines solchen Kommunikationssystems liegt somit in der Effektivität für den/die Benutzer/in. Daher muss mit jedem Menschen ein individuelles, bedürfnisorientiertes Kommunikationssystem gefunden werden. Dass sich ein solches Kommunikationssystem mosaikartig aus vielen, z.T. unüblichen Kommunikationsformen zusammensetzt, liegt auf der Hand. In der Fachsprache wird ein solches Kommunikationssystem „Multimodales Kommunikationssystem“ genannt. Nach Kristen (1994) sollen in diesem folgende Ausdrucksmöglichkeiten eines Menschen bewusst berücksichtigt werden:

  • Blickbewegung
  • Mimik
  • Laute, Lautsprache
  • Gestik
  • Körperhaltung, Körperbewegung
  • Gebärden
  • nicht-elektronische Hilfe
  • elektronische Hilfe
  • Schriftsprache

Um ein effektiv, individuell zugeschnittenes Kommunikationssystem zu entwickeln, ist eine diagnostische Abklärung, eine sorgfältige Planung und Dokumentation unerlässlich. Hierfür ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der beteiligten Berufsgruppen (z.B. Lehrerinnen, Erzieherinnen, Ergotherapeutinnen, Krankengymnastinnen,…) genauso erforderlich, wie ein guter Kontakt zu den Eltern oder anderen Bezugspersonen. Des weiteren stellt „die Information der Gesprächspartner über die Struktur wirksamer und zufriedenstellender Kommunikation, über die Entwicklung von Kommunikation und über den Einfluss des eigenen Verhaltens auf den Verlauf der Interaktion“ (Kristen 1995) eine weitere wichtige Maßnahme dar. Denn gerade das Wissen über die Probleme bei der Kommunikationsentwicklung, sowie eine offene Haltung, Einstellung und Erwartungshaltung der Gesprächspartnerinnen hat einerseits einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Kommunikation bei nichtsprechenden Menschen, und andererseits wirkt die offene Haltung und veränderte Einstellung der Gefahr entgegen, durch bloßes starres Durchführen der Ma?nahmen „blind“ zu werden für ungewöhnliche Kommunikationsformen. Nicht zuletzt ist es notwendig, den nichtsprechenden Personen Strategien zu zeigen, mit denen sie zum Beispiel Aufmerksamkeit erhalten können oder ein Gesprächsthema auswählen und steuern können.

Das Ziel Unterstützter Kommunikation ist es also, nichtsprechende Menschen aus ihrer kommunikativen Not zu befreien (Braun 1992). Dabei reicht es nicht, mit ihnen nur Kommunikationshilfen zu erarbeiten, sondern es ist für diese Menschen genauso wichtig, dass man ihnen aufrichtig, wertschätzend und mit einfühlendem Verstehen und Empathie (Rogers) gegenübertritt, damit sie die Erfahrung machen, dass sie und ihre Themen oder Mitteilungen ernst genommen werden. Sie erleben sich so als kompetente Gesprächspartnerinnen. Gerade dadurch werden Frustrationserlebnisse abgebaut und die Motivation zu neuen Aktionen erhöht sich.

Grenzen der unterstützten Kommunikation
Trotz der Maßnahmen der Unterstützten Kommunikation stößt man jedoch immer wieder an Grenzen. So können die Bezugspersonen einfach nicht immer alles verstehen, was die nichtsprechende Person ausdrücken möchte. Auch die nichtsprechende Person ist nicht immer in der Lage, durch ihr individuelles Kommunikationssystem alle ihre Wünsche, Gedanken und Bedürfnisse auszudrücken. So kommt es trotz allem immer wieder zu Missverständnissen „Es ist ein Teil von Unterstützter Kommunikation, dass beide Gesprächspartner lernen, mit diesen Missverständnissen, Kommunikationsabbrüchen und Fehlinterpretationen umzugehen“; (Kristen 1994).

„Unterstützte Kommunikation“ ist die deutsche Bezeichnung für den international anerkannten Fachbereich „AAC“ (Augmentative and Alternative Communication). Durch die Tätigkeit der International Society for Augmentative and Alternative Communication (ISAAC) wurde das Konzept seit 1990 auch in deutschsprachigen Ländern bekannt. Heute finden, angeregt durch ISAAC, regelmäßige Fortbildungen, Tagungen oder Benutzertreffen statt, bei denen ein intensiver Erfahrungs- und Informationsaustausch über diesen Fachbereich möglich ist.

Vordergründig gesehen versteht man unter einer Myofunktionellen Störung das falsche Schlucken eines Kindes, eines Jugendlichen oder eines Erwachsenen. Dies bedeutet, dass die Zunge beim Schlucken gegen oder zwischen die Zähne presst. Dieses falsche Schlucken wirft für den Zahnarzt bzw. Kieferorthopäden häufig Probleme auf, weil die dabei wirksame Kraft diejenige seiner kieferorthopädischen Geräte aufhebt bzw. vermindert.

Ohne eine Myofunktionelle Therapie bedeutet dies in vielen Behandlungsfällen Zeitverlust, und es entsteht das Risiko eines Rezidivs nach Absetzen der Behandlung. Viele Kieferorthopäden erkennen das Problem, und auch die Patienten sehen die Notwendigkeit, diese störenden Kräfte auszuschalten. Aus diesem Grund begannen Zahnärzte bzw. Kieferorthopäden, sich mit der in den USA entwickelten Therapiemethode MFT (Myofunktionelle Therapie) zu befassen. Seit 1977 werden von D. Garliner und M.A. Bolton Kurse in der BRD abgehalten.

Durch Dr. med. dent. K. Zerres, Tübingen, und Dr. F. Jenatschke, Kieferorthopäde in Reutlingen, wurde ich 1982 auf die Myofunktionelle Therapie aufmerksam gemacht. Sie hielten es für erforderlich, dass viele ihrer Patienten ein neues Schluckmuster erlernen sollten, um die Zahn- und Kieferregulierung unter guten Bedingungen beginnen bzw. fortsetzen zu können. Bei verschiedenen Fortbildungen erkannten sie die Wichtigkeit der MFT, sahen sich selbst aber außer Stande, eine solche Therapie durchzuführen:

  1. Der nötige regelmäßige Zeitaufwand mit einem entsprechend intensiven Kontakt zum Patienten war innerhalb der Praxis nicht durchführbar.
  2. Es fehlten ihnen, sowie den Helferinnen, die notwendigen Fachkenntnisse, um solch eine intensive und gezielte Therapie durchführen zu können.

Meinen ersten MFT-Kurs besuchte ich bei meiner Schweizer Kollegin C. Curschellas, Wil, der ich an dieser Stelle herzlich danke. Weitere Kurse und Kongresse folgten u.a. bei S. Giglio (Kalifornien) in Reutlingen. Die Durchsicht der Literatur sowie die inzwischen selbst gesammelten Erfahrungen und Äußerungen von Kieferorthopäden wie „Die MFT ist eine tolle Sache, nur leider funktioniert sie nicht“, veranlassten mich, die amerikanische Vorgehensweise (Garliner, 1982, 1989) zu modifizieren. Mich störte, dass die Therapie sofort am Ziel, dem Schlucken, ansetzte, ohne erst eine intensive myofunktionelle Grundlage aufzubauen. Die sog. Zungenübungen erschienen mir unzureichend und die wenigen Lippenübungen unterschiedlich effektiv. Das häufige Wiederholen von gleichen Übungen empfand ich für die Patienten als zu langweilig.

Meine Modifikation stelle ich seit Jahren in Kursen dar. Viele Logopädinnen und Sprachtherapeutinnen arbeiten nach meiner Vorgehensweise. Immer wieder wurde ich nach Literatur gefragt. Bis ich mit dieser Arbeit begann, gab es in deutscher Sprache mit Ausnahme von Übersetzungen der Bücher des amerikanischen Autors D. Garliners fast keine Unterlagen. Diese Tatsache, sowie mehrfache Anstöße und Nachfragen nahm ich zum Anlass, meine Methode der Myofunktionellen Therapie nun in schriftlicher Form darzustellen. Ich verzichte auf einen ausführlichen theoretischen Vorspann. Auf die geschichtliche Entwicklung einzugehen und die verschiedenen Ansätze zu diskutieren, würde den Rahmen meiner Zielvorstellung für diese Veröffentlichung sprengen. Hier möchte ich die Leser auf vorhandene Literatur von Barett (1974), Garliner (1989), Giglio (1975), Hahn (1988, 1991), Middeldorf (1990) und Thiele (1992) verweisen.

Meine Absicht ist es, ein Therapiebuch aus der Praxis für die Praxis herauszugeben. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass manche Frage offen bleiben wird. Dennoch hoffe ich, Anstöße und Anregungen zum Ausprobieren geben zu können. Zusätzlich möchte ich darauf hinweisen, dass es bei der MFT zwar um die Korrektur falschen Schluckens geht, aber dass die Therapie nicht nur den orofacialen Bereich verändert, sondern Einfluss auf den ganzen Menschen hat. Damit der Text leichter zu lesen ist, werde ich auf die ständige Wiederholung der männlichen und weiblichen Form verzichten, obwohl der Verfasserin bewusst ist, dass der im Buch angesprochene Kreis von Therapeuten immer noch in den meisten Fällen aus Therapeutinnen und außerdem meist recht emanzipierten Kolleginnen besteht.

Herzlichen Dank sagen möchte ich meinen Kolleginnen Silke Killian, Wiltrud Strittmatter und Dorothea Wingert für die Motivierung und Unterstützung beim Bearbeiten des Textes.

Anita M. Kittel